Zu der Debatte im Bauausschuss legte die CSU-Bürgermeisterin Dr. Kössinger eine Beschlussvorlage vor. Sie machte irreführende Aussagen zur Wohnfläche, die jedem Bewohner zur Verfügung stehen wird und damit zur Anzahl der Bewohner und zum künftigen Verkehr auf der Ammerseestraße.
Sachliche Einwände beantwortete die CSU mit Polemik. Eine Klärung war nicht gewollt und damit auch nicht möglich.
Mitbürger hatten mit ihren Einwänden die vom Rathaus genannte Anzahl der prognostizierten 535 Bewohner und damit den zu erwartenden Verkehr infrage gestellt.
Dr. Kössinger in ihrer Beschlussvorlage: "Der Ansatz zur Berechnung der Bewohner wurde intensiv betrachtet und mit den Fachleuten und Wohnbauträgern abgestimmt. Der Ansatz für das Quartier in Gauting liegt bei 37 qm/Bewohner. Der Durchschnitt in Gauting liegt bei 52 qm/Bewohner."
Brucker erinnerte daran, dass 75 % aller Häuser in Gauting Einfamilienhäuser seien, 4000 von 5300. Und dass in diesen häufig Eltern wohnten, deren Kindern ausgezogen seien. Angesichts dieser Bau- und Altersstruktur sei es nicht verwunderlich, dass im Durchschnitt 52 qm herauskomme. Aber was habe dieser Durchschnitt mit der Belegung von Sozialwohnungen zu tun? Mit Wohnungen, in die man vorzugsweise junge Familien einziehen lassen wolle. Und eine Familie bestehe bekanntermaßen aus mindesten 3 Personen.
Im sozial geförderten Wohnungsbau werde üblicherweise von um die 25 qm/Bewohner ausgegangen. Man brauche sich nur in unserer Umgebung umsehen. Frau Dr. Kössinger hatte den Verkehrsplaner Obermeyer beauftragt. Aus seinem Gutachten v. 24.7.2019 ergaben sich 27 qm Wohnfläche/Bewohner bei 701 Bewohnern. Und sie nannte unter Berufung auf die Bauträger im Mai 2021 ebenfalls 700 Bewohner.
Wir reden also nicht über 535, sondern von bis zu 800 Neubürgern und über einen dementsprechend zusätzlichen Verkehr.
Dr. Kössinger: Der Fachmann ging zuerst von 45 qm aus. Das sei normal. Obermeyer habe nicht mit 27 qm gerechnet. Brucker wolle mit dem von ihm genannten 800 nur Angst verbreiten.
Brucker: Das war jetzt Polemik pur.
Heinz Moser/Grüne: Es gehe um die soziale Durchmischung. Wir würden Gefahr laufen, die Zahlen zu günstig darzustellen. Durch die Flächen vom Verband Wohnen und dem Kath. Siedlungswerk werde es zu einer Verschiebung kommen.
Dr. Sklarek/MiFü: Sei das für Bewohner in Sozialwohnungen realistisch? 2 Bewohner hätten schon 74 qm und 3 Bewohner dann 111 qm. Sei das für diese überhaupt bezahlbar? Üblich seien 25 qm/Bewohner.
Dr. Kössinger: Die 37 qm seien der Durchschnitt über das gesamte Quartier. DIEHL werde z.B. im frei finanzierten Bereich 2-Zimmer-Wohnungen an jeweils 1 Bewohner vermieten.
Moser: Die unterstellten 80 qm/Bewohner bei den Häusern auf Gemeindegrund seien ein Angriffspunkt.
Maximilian Platz/CSU: Brucker sei unanständig. Man werde jetzt schon zum 20. Mal mit seinen Aussagen behelligt. In der Demokratie sei es üblich, erfolgte Abstimmungen zu akzeptieren. Und woher wolle er denn wissen, dass es 800 Neubürger werden. Es würde sicher auch Umzüge innerhalb Gautings in das neue Quartier geben.
Richard Eck/UBG: Man wisse nicht, wie viele es werden. Man wisse es erst mit dem Bauplan und seiner endgültig Anzahl an Wohnungen.
Dr. Kössinger: Da werde nur Angst gemacht.
Brucker: Er erwarte von der Moderatorin Frau Skorka, dass sie auf eine realistische Einschätzung zu der künftigen Bewohnerzahl hinarbeite. Man könne es selbstverständlich nicht genau sagen, aber es gehe um die Größenordnung, auf die sich die Gemeinde vorbereiten müsse. 500 Bewohner bedeuten etwas anderes als bis zu 800. Es werde z.B. unterstellt, dass der Bauträger DIEHL 70 Wohnungen an jeweils nur 1 Person vermiete. Nur er habe das nicht unter Kontrolle. Der Mietvertrag werde mit einer Person abgeschlossen und anschließend ziehe z.B. ein Paar ein. Angesichts der Mietpreise werde es auch vielfach dazu kommen.
Die Debatte ist ein Musterbeispiel für die Diskussionskultur im Gemeinderat. Die Bürgermeisterin machte eine Sachaussage. Auf einen sachlichen Einwand gingen einmal mehr weder sie noch ihre CSU ein. Man verschanzte sich hinter "Fachleuten", die man selber beauftragt hatte und bezahlen ließ. Sich mit den Einwänden auseinanderzusetzen, dem weicht man aus und ersetzt es durch moralische Vorwürfe. Der Gegner "verbreite Angst" und ist mal "unanständig" oder auch "unverschämt".
Dr. Kössinger kann sich nicht daran erinnern, dass sich aus den Berechnungen ihres Verkehrsplaners Obermeyer 27 qm Wohnfläche/Bewohner bei einer Gesamtzahl von 701 Bewohnern ergeben hatte.
Den Gautinger Durchschnitt mit 52 qm/Bewohner als Rechtfertigung für die unterstellten 37 qm/Bewohner heranzuziehen, mit denen 535 Bewohner ausgerechnet wurden, ist angesichts der besonderen Haus- und Altersstruktur Gautings völlig abwegig. Es besteht kein Zusammenhang.
Es war auch die Rede von 45 qm/Bewohner, was aber der bayernweite Durchschnitt ist, so der beauftragte Architekt Prof. Hebensperger-Hüther. Ein Durchschnitt, der jedoch zu dem neuen Wohnviertel in Gauting und im Münchner Umfeld mit seinen 190 Sozialwohnungen von insgesamt 290 Wohnungen nicht passt.
Die "37 qm" stammen von Prof. Hebensperger-Hüther. Nur er hat nach eigener Aussage dabei die Kinder weitgehend weggelassen, denn die zögen später aus. (Mitteilung Dr. Kössinger vom 27.10.2021 an alle Gemeinderäte) Heißt das, dass sich die Gemeinde in den kommenden Jahren nicht um Plätze in Kitas und Schulen kümmern muss?
Wenn Brucker die völlig unrealistische Vermietung bei DIEHL anspricht, 70 Wohnungen jeweils nur an 1 Person vermieten zu wollen, dann übergeht man das mit Schweigen. Die Bewohnerzahl wird hier gezielt kleingerechnet.
Wenn Brucker von "bis zu 800 Bewohnern" spricht, dann entgegnet Platzer, dass es schon deswegen nicht 800 Neubürger werden, da es auch Umzügen innerhalb Gautings in das neue Viertel geben werde. Stimmt, es wird Umzüge geben. Nur, wo jemand auszieht, zieht auch wieder jemand ein. Für Gauting ist zum Schluß die Anzahl der Neubürger wesentlich. Das Thema wird logisch nicht zu Ende gedacht.
Es geht offensichtlich um die Durchsetzung von Interessen um jeden Preis. Es geht nicht darum, einen Sachverhalt zunächst möglichst umfassend für die Gemeinde zu beleuchten und dann je nach Interessenlage Schlüsse daraus zu ziehen. Wiederholt sachlich falsche Aussagen provozieren den Widerspruch. Die Diskussion über die Sachlage zieht sich deswegen hin, anstatt sich auf die Bewertung der unterschiedlichen Lösungsvorschläge konzentrieren zu können. Eine Klärung ist so nicht möglich und offensichtlich auch nicht gewollt, denn bei den Diskussionen über den Ausbau der Kindergärten und die neuen Gewerbegebiete erleben wir das gleiche Vorgehen.
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