AOA - Widersprüchliches aus der Diskussion im Gemeinderat

07. Oktober 2020

Der Gemeinderat diskutierte gestern die bisherige Bauplanung zu dem Gelände zwischen Ammersee- und Pötschenerstraße. Eine Planung in extremer Verdichtung, wie man sie in München sehen kann. FDP, GRÜNE, MfG, MiFÜ und SPD hatten den Antrag eingebracht, die Planungen auf ein für Gauting vernünftiges Maß anzupassen.

Eindrücke aus der Beratung:

Architekt Prof. Hebensperger-Hüther, der die vorliegende Planung zu diesem Viertel angefertigt hat, machte Werbung für seine Planung. Verständlich. Unverständlich seine Begründungen:

  • Er geht von 478 Personen in diesem Viertel aus. Berechnet hat er dies unter der Annahme, dass pro Person 45 m² Wohnfläche zur Verfügung stehen werden.

  • Eberhard Brucker/SPD widersprach ihm. Seine Annahme sei weit weg von der Realität. Denn seit wann bewohnt eine dreiköpfige Familie hier im Münchner Raum und das auch noch im Durchschnitt eine 135 m² große Wohnung (3x45)?

Hebensperger-Hüther begann laut zu überlegen: Ein-Personen-Haushalt 45 m², Zwei-Personen-Haushalt 60 m², Drei-Personenhaushalt ... Da merkte er selbst, dass seine Rechnung nicht stimmen kann, brach seine Rede ab und meinte aber trotzdem, das füge sich schon. Aber es fügt sich nicht. Denn wenn nur der Ein-Personen-Haushalt 45 m² hat und alle anderen Mehrpersonen-Haushalte pro Person weniger haben, dann kann der Durchschnitt nicht bei 45 m² liegen. Seine Rechnung ist falsch und damit würden es deutlich mehr Bewohner werden. Wir gehen von bis zu 800 Neubürgern aus.

  • Eberhard Brucker verwies auf die Autos, die die Bewohner mitbringen würden. Verkehrsplaner Obermeyer geht davon aus, dass der Verkehr auf der Ammerseestraße von heute 6.600 auf 14.700 Fahrzeuge/Tag ansteigen wird. Die neuen Gewerbegebiete beim Penny-Kreisel und bei Asklepios tragen auch noch dazu bei. Die Auswirkungen auf die Kreuzungen beim Kriegerdenkmal und am Hauptplatz sind aber noch gar nicht untersucht. Zum Vergleich: Auf der Bahnhofstraße sind es heute 12.000 pro Tag. Auf wieviel Dauerstau sollen wir uns einstellen? Oder denkt man gar heimlich über eine Umgehungsstraße nach? In Gilching haben 5 km insgesamt 21 Mio. Euro gekostet. Für Prof. Hebensperger-Hüther kein Thema.

  • Ebenso sind die Auswirkungen auf die Kitas und Schulen nicht untersucht. Der Gemeinde stünden hier Folgeinvestitionen in vielfacher Millionenhöhe ins Haus. Sie kommt aber schon seit Jahren ihrer gesetzlichen Verpflichtung, Krippen, Kitas und Horte für alle Kinder zur Verfügung zu stellen, nicht nach. Allein in diesem Jahr wurden wieder 145 Kinder abgelehnt. Für Prof. Hebensperger-Hüther kein Thema.

  • Diese Planung ist für Gauting eindeutig zu teuer.

Wirtschaftsgeograph Dr. Popien machte Werbung für den Vollsortimenter:

  • Kleine Geschäfte für die Nahversorgung würden sich dort nicht ansiedeln, auch keine Bäckerei. Man fragte sich unwillkürlich: Wie ist es möglich, dass an der Unterbrunner Straße eine Bäckerei und am Pippinplatz neben einer Bäckerei gleich noch ein Teeladen, eine Metzgerei, ein Gemüseladen, ein Schreibwaren- sowie ein Textilgeschäft und noch eine Apotheke existieren und das seit vielen Jahren? Er sprach abfällig von "Tante-Emma-Läden".

  • Dr. Popien begründete den Bau eines zweiten Vollsortimenters im Westen damit, dass die deutschlandweite Statistik eine Unterversorgung Gautings zeige. Es gebe zu wenige Vollsortimenter und zu viele Bio-Läden. - Die Logik ist: Es geht nicht um die Frage: Was braucht Gauting, sondern was braucht die Statistik. Sollen jetzt Bio-Läden schließen, damit die Überversorgung beseitigt ist und die Statistik stimmt?

  • Dr. Popien pries die kurzen Einkaufswege für die Bewohner im Westen Gautings zu dem neuen Vollsortimenter. Er berichtete aber gleichzeitig, dass EDEKA bei dessen Bau den EXPRESS-Markt am Hauptplatz schließen würde. Die Bewohner im Grubmühlerfeldviertel, an der Münchner und Starnberger Straße und im Schwimmbadviertel müssten dann den Weg über den Hauptplatz, die Bahnhofstraße hoch zum dortigen EDEKA nehmen oder sie würden sich gleich ins Auto setzen und nach Stockdorf fahren. Den 300 bis 400 Metern Wegersparnis der einen, stehen die kilometerlangen zusätzlichen Wege der anderen gegenüber. Wo ist da die Logik?

  • Der 2. Bürgermeister Dr. Jürgen Sklarek/MiFü wies ihn darauf hin, dass mit 2 Vollsortimentern und dem Penny-Markt im Westen eine Überversorgung gegeben sei, während östlich der Würm nach Schließung des EDEKA EXPRESS dann gar nichts wäre. Wenn, dann müsste man nicht im Westen, sondern gerade im Osten einen Vollsortimenter bauen. Dr. Popien ging darauf nicht ein.

Die Experten wurden ihrer Rolle als Experten nicht gerecht. Sie wurden auf die Widersprüche in ihren Ausführungen hingewiesen, gingen aber auf die Hinweise nicht ein. Was man von diesen Experten zu halten hat, die für ihre Auftraggeberin, die CSU-Bürgermeisterin Dr. Kössinger auftraten, ist damit nur allzu offensichtlich geworden. Die Beratung zu diesem neuen Wohnviertel wird am 20. Oktober im Gemeinderat fortgesetzt.

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