Der Bauausschuss tagte gestern zum Bebauungsplan am AOA-Gelände zwischen Ammersee- und Pötschenerstrasse. Die Parteien und Gruppierungen: Soziale Ökologen, Piratenpartei, FDP und MiFü hatten den Antrag eingebracht, um die Bebauung auf 180 Wohneinheiten zu begrenzen. Der Antrag war bereits im Juni eingereicht, aber erst jetzt, nach 3 Monaten von der Bürgermeisterin auf die Tagesordnung gesetzt worden. CSU und UBG stimmten den Antrag nieder und beschlossen auch gleich, die Beratungen über den zugehörigen Rahmenplan zu beenden.
©H2R Architekten und Stadtplaner
Markus Deschler / FDP-Gemeinderat begründetete den Kompromissantrag. Er verwies zunächst darauf, dass sich die Anwohner nicht gegen jede Bebauung sträubten, sondern gegen die grosse Anzahl an Menschen, die dort wohnen sollen, was die Infrastruktur völlig überfordern würde. Bislang sprachen die Architekten von 264 Wohneinheiten, aber inzwischen hört man sogar von bis zu 300. D.h. bis zu 900 Menschen sollen dort angesiedelt werden, was Anwohner und Infrastruktur völlig überfordern würde. Deswegen hätten die vier Gruppierungen im Gemeinderat diesen Antrag gestellt, der die Bebauung auf 180 Wohnungen begrenzen würde und so ein guter Kompromiss sei.
CSU-Bürgermeisterin Kössinger ließ zur Untermauerung ihrer Planung etliche Experten auftreten:
Der Rechtsanwalt der Gemeinde führte aus: Eine Begrenzung der Bebauung auf 180 Wohneinheiten im Rahmen eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans sei möglich, eine Beschränkung auf die Ansiedlung stillen Gewerbes statt eines zweiten Supermarktes nur wenige hundert Meter vom Supermarkt beim Bahnhof entfernt schwierig. Er sprach aber nicht von unmöglich.
Der beauftragte Architekt Hans-Peter Hebensperger-Hüther hielt einen langen Vortrag über Geschoßzahlen, nicht genau ermittelbare Wohneinheiten und empfahl die Verwendung der Geschoßzahl, um über die Dichte der Bebauung zu reden. Er behauptete, dass die Firma DIEHL, Eigentümer des AOA-Grundstückes, einen Betrieb mit 450 bis 500 Beschäftigten ansiedeln würde, wenn ihr der Bau von Wohnungen nicht gestattet würde. - Eine realitätsferne Behauptung, denn kein Betrieb dieser Größe würde mitten in einem Wohngebiet ein neues Betriebsgebäude errichten, denn Vergrösserungen wären in der Zukunft völlig ausgeschlossen. Ganz abgesehen von den ständigen Reibereien mit den Anwohnern. - Hebensperger-Hüther sprach von einem nördlichen (AOA) und einem südlichen Teil (Verband Wohnen, Kath. Siedlungswerk Gemeinde) des Geländes. Er wollte dann nur auf dem südlichen Teil eine Gegenüberstellung der Anzahl der Wohnungen - heutige gegenüber neuer Planung - zulassen. Der hohe Anstieg der geplanten Wohneinheiten fällt dann gegenüber dem heutigen Bebauungsplan etwas niedriger aus.
Markus Deschler / FDP ließ sich auf diese Spitzfindigkeit nicht ein. Der heutige Bebauungsplan für das gesamte Gelände sieht 90 Wohnungen vor und denen stehen die geplanten 264 gegenüber. Er wies auch zu Recht daraufhin, dass es letztlich nicht um Geschosszahlen gehe, sondern darum, in wie vielen Wohneinheiten wie viele Menschen angesiedelt werden sollen. Viele Zuhörern applaudierten spontan, was ihnen aber auch sofort eine Rüge der Bürgermeisterin eintrug.
Die beiden Vertreter vom Verband Wohnen und dem Kath. Siedlungswerk sahen es eher gelassen, wie viele Wohnungen gebaut werden können. Der vom Kath. Siedlungswerk meinte: "Man kann auch mit dem alten Plan leben." Er verstieg sich dann zwischendrin nur zu der Behauptung, dass sie Wohnungen mit 150 qm bauen müssten, wenn ihnen die Anzahl der Wohnungen beschränkt werde. Diese seien aber nicht mehr kostengünstig, weil nicht mehr vom Staat gefördert, zu vermieten. - Niemand hatte verlangt, große Wohnungen zu bauen, sondern es ging immer darum, weniger Wohnungen und damit weniger Menschen auf diesem Gelände anzusiedeln. Man kann also weiterhin kleinere und damit kostengünstig zu vermietende Wohnungen bauen, ganz entsprechend des Geschäftsauftrages des Kath. Siedlungswerks.
Wer später in die Wohnungen der beiden Verbände einziehen darf, kann die Gautinger Verwaltung kaum beeinflussen. Beim Verband Wohnen hätten die anderen Gemeinden in Kreis beim Erstbezug ein 80%iges Belegungsrecht, Gauting damit nur eines von 20 %. Die Folgebelegung liege dann zu 100 % bei Gauting. Nachdem es aber mietgünstige Wohnungen sein werden, ist nicht damit zu rechnen, dass die Erstbezieher so schnell wieder ausziehen werden. Gautingern kommen diese Wohnungen also kaum zugute. Das Siedlungswerk halte sich an das Landratsamt. Ob hier die Gautinger Bewohner zum Zuge kommen, ist also auch nicht gesichert.
Ob auch für Auswärtige gebaut werden solle, war umstritten. Die CSU-Bürgermeisterin war nicht eindeutig dagegen. Gemeinderäte sahen dies nicht als Gautinger Aufgabe an. Einigkeit herrschte nur zu denen, die in Gauting arbeiten und hierher umziehen wollen.
Heinz Moser / GRÜNE-Gemeinderat fragte, warum hier nur Experten auftreten, die für diese überzogene Planung sprächen. Warum wurde nicht der Gautinger Gewerbeverein eingeladen, der sich sehr kritisch gegen diese Planung geäußert hatte? Es gehe um die kleinen, aber wichtigen Geschäfte am Pippinplatz. Bürgermeisterin Kössinger erspähte den Vertreter des Gewerbevereins unter den Zuhörern und lud ihn ein, sich zu äussern. Er lehnte dies aber ab, denn er sei zum einen nicht vorbereitet und müsste sich zum anderen auch zuerst mit seinen Mitgliedern abstimmen. Befürworter und Nutzniesser dieser überzogenen Planung wurden geladen, kritische Experten waren nicht erwünscht.
Nach stundenlangen Vorträgen und Erörterungen führte Britta Hundesrügge / FDP-Gemeinderätin die Diskussion wieder auf ihre Kernfrage, um die es eigentlich ging, zurück: Wie soll Gauting sich entwickeln? Städtisch wie München oder eher ländlich wie Gauting heute ist? Wie viele Menschen sollen einmal in diesem neuen Viertel leben? 600? 700? Wie sehen die Auswirkungen auf die Umgebung aus?
Die Vertreter von CSU und UBG gingen aber einmal mehr nicht auf diese Kernfrage ein. CSU-Bürgermeisterin Kössinger ließ abstimmmen: Mit 8 gegen 5 Stimmen wurde der vorgeschlagene Kompromiss auf 180 Wohneinheiten niedergestimmt.
Dagegen:
CSU: Kössinger, Klinger, Vilgertshofer, Jaquet, Hoegner, Hofstätter
UBG: Eck, Eigelsberger
Dafür:
Soziale Ökologen: Lüst
GRÜNE: Cosmovici, Moser
FDP: Deschler
MiFü: Pahl
Wie Herr Eck doch einmal zur CSU sagte, als diese den sicheren Radweg beim Sontowski-Bau an der Bahnhofstrasse verweigerte: "An dieser Lösung wird man keine Freude haben!"