Der Bauausschuss beschloss gestern gegen die Stimme der SPD einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan für das Gelände von Stanz-Schmidt am West- und Ostufer der Würm mitten in Stockdorf erstellen zu lassen. Solche Bebauungspläne werden aufgestellt, um Bauherren ein höheres Baurecht zu geben als ihnen ursprünglich zusteht.
Vorgesehen ist, in dem Biotop am Westufer einen Kindergarten und geförderte Wohnungen zu bauen. Zwischen Ostufer und Gautinger Straße soll das Baurecht gegenüber der ersten Planung noch einmal vergrößert werden. Die Aufwertung des Geländes am Westufer und das gegenüber heute deutlich vergrößerte Baurecht am Ostufer beschert den Erben von Stanz-Schmidt einen hohen zweistelligen, nicht zu versteuernden Millionengewinn.
Debatte:
Bauamt: Es wurden die Vorzüge der Planung betont. Dringend benötigter Wohnraum werde geschaffen. Der langgehegte Wunsch im Stockdorfer Leitbild, die Würm zugänglich zu machen, werde verwirklicht. Die Würm werde renaturiert. An der Gautinger Straße ergebe sich eine hohe Gestaltungsmöglichkeit und neue Wege von Ost nach West werden das Gelände öffnen.
Stefan Berchtold/MfG-Piraten fragte, ob damit die Planung aus dem Wettbewerbssieger hinfällig sei? (In dieser Planung war die Kita auf dem Ostufer und am Westufer Luxuswohnungen mit 120-240 qm Wohnfläche vorgesehen.)
Hubert Deschler/FDP (Leiter der Sitzung): Sie werde angepasst.
Britta Hundesrügge/FDP: Wenn die Kita im Westen sei, dann werde es auf dem Harmsplatz mit dem Bringen der Kinder, den Schülern und Bussen sehr dicht. Es wäre besser die Kita wäre im Osten.
Eva-Maria Klinger/CSU: Das Westufer sei für die Kita eine Traumlage. Es geben den Zugang von 2 Seiten. Es gebe gute Möglichkeiten für eine gute Kita.
Deschler: Der Verkehr müsse gut bedacht werden.
Hans Wilhelm Knape/Grüne: Wie werde in dem beschleunigten Verfahren die naturschutzrechtlichen Belange sichergestellt?
Bauamt: Die Umweltprüfung werde nicht in der Breite ausgeführt. Der Umweltschutz werde über den Bebauungsplan sichergestellt.
Klinger: Das Wasserwirtschaftsamt sei beteiligt gewesen. Die Würm werde erlebbar.
Heiko Braun/Grüne Es gehe nicht um gar nichts oder Luxus. Als Grüner sei er bereit zuzustimmen, da geförderter Wohnungsbau, die Kita sowie die Renaturierung der Würm und die Wege vorgesehen seien.
Heinrich Moser/Grüne: Er beantragte über den Punkt "Aufstellung des Bebauungsplans im beschleunigten Verfahren ohne Durchführung einer Umweltprüfung", getrennt abzustimmen. - Dem stimmten alle zu.
Abstimmung über die Erstellung eines Bebauungsplanes für das West- und Ostufer:
dafür:
CSU: Egginger, Elsnitz, Jaquet, Klinger
FDP: Deschler (Leiter der Sitzung), Hundesrügge
Grüne: Braun, Knape, Moser
MfG-Piraten: Berchtold
MiFü: Pahl
UBG: Eck
dagegen:
SPD: Meyer
Das beschleunigte Verfahren mit seinem Verzicht auf eine Umweltprüfung wurde nur von SPD, Grünen und MfG-Piraten abgelehnt.
Die Grünen haben zugestimmt, obwohl ihre Stimmen für eine Mehrheit gar nicht nötig waren. CSU/FDP/MiFü/UBG sind mit 8 von 13 Stimmen schon die Mehrheit. Selbst die Piraten wurden nicht benötigt. Und trotzdem haben sie zugestimmt.
Im Landtag bekämpfen die Grünen heftig die CSU wegen des außerordentlich hohen Flächenfraßes in Bayern. Er ist mittlerweile auf 12 Hektar/Tag angestiegen, obwohl Ministerpräsident Söder und seine CSU 2018 versprachen, ihn auf 5 Hektar/Tag zu reduzieren.
In Gauting sind sich die Fraktionen von Grünen und CSU einig, das Biotop mit seinen 8500 qm am Westufer der Würm zum Baugebiet zu machen, obwohl es schon immer als Wald eingestuft war und in dem bis heute Bauen verboten ist.
Über 1000 Mitbürger haben die Forderung, das Biotop zu erhalten, unterschrieben, auch Anne Franke aus Stockdorf, Landtagsabgeordnete der Grünen. Das hält Franke aber nicht davon ab, anschließend für eine Bebauung einzutreten, denn das Biotop sei "gar nicht mehr da". (StaMerkur 12.1.2024)
Der Ortsverein der Grünen hatte sich entschieden gegen eine Bebauung des Westufers ausgesprochen und die Naturschutzverbände waren ebenfalls gegen eine Zerstörung des Biotops. Und trotzdem hat die Fraktion der Grünen zugestimmt.
Die Erben haben sich durchgesetzt. Sie dürfen das unberührte Westufer bebauen. Das Eschensterben nutzten die Erben, um durch wiederholtes Mähen ein Nachwachsen möglichst zu verhindern. Das wirtschaftlich wertlose Gelände wird über Nacht 15 Mio. € wert. * Auf dem Ostufer bekommen die Erben zusätzliches Baurecht. Während die Umgebung 2 bis 4-geschossig bebaut ist, dürfen sie 5-geschossig bauen und das in einer sehr hohen Dichte, was ihr heutiges Baurecht nach § 34 Baugesetzbuch auch nicht erlaubt. Also noch ein zweiter zusätzlicher hoher und steuerfreier Millionengewinn.
Den Kindergarten kann man auch an anderer Stelle bauen. Die CSU hatte für größere Projekte die Finanzierung über ein Kommunales Unternehmen vorgeschlagen. Es gibt also eine Alternative. Dafür muss man nicht mitten im Ort die "grüne Lunge" opfern, von der Heiko Braun sprach. 140 m Würm renaturieren und dafür 8500 qm Natur opfern? Diese Waage ist nicht im Gleichgewicht. Die Renaturierung kann man später immer noch machen. Ist dagegen das Biotop einmal zerstört, dann ist das ein Verlust auf Dauer. Und da die Absperrung des Geländes rechtswidrig ist, bräuchte die Gemeinde nur die Öffnung verlangen, dann könnte man schon heute dort "die Würm erleben", wovon Eva-Maria Klinger schwärmt. Aber sie und auch CSU-Bürgermeisterin Dr. Kössinger haben an einer solchen Lösung kein Interesse.
Mit diesem Beschluss geht das seit Generationen sich selbst überlassene Gelände am Westufer der Würm dauerhaft für die Natur verloren.
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*Grundstück 8500 m² (Wettbewerbsauslobung 1.3.23). Amtlicher Bodenrichtwert in Stockdorf liegt bei 1750-1850 €/m2 (SZ 12.7.2022). Da das Gelände heute aufgrund des Bauverbots wirtschaftlich gesehen wertlos ist, geht es bei einer Bauerlaubnis um eine Wertsteigerung von 0 auf mindestens 14,8 Mio. €. Die ruhige und abgeschiedene Lage, der lauschige Blick auf die Würm und die nur 5-Gehminuten zur S-Bahn noch gar nicht berücksichtigt.
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