Mit dem Haushalt die Gemeinde durch die Krise steuern. Die Misere des Haushaltes 2019

15. Juli 2020

Wegen der Corona-Krise werden die Steuereinnahmen der Gemeinde niedriger ausfallen. Die aktuelle Haushaltslage ist für den Gemeinderat nicht überschaubar. Der abgerechnete Haushalt 2019 schließt mit Arbeitsrückständen von 8,1 Mio. Euro ab. Die Gelder hierfür wurden nicht genutzt. Die große Einsparaktion "20 % weniger für alle" von Ende 2018 war umsonst, denn die Gelder liegen jetzt nur auf der Bank.

Wie kann der Gemeinderat die Arbeit der Verwaltung besser steuern? Die SPD-Fraktion hatte am 2. Juni hierzu einen Antrag gestellt. Es ging um eine zusätzliche Auswertung der Haushalte mit den Zahlen zu Ist 2018, Plan/Ist 2019 sowie Plan 2020 und ihre Veröffentlichung. Der Gemeinderat lehnte den SPD-Antrag ab.

Informationen über die finanzielle Lage der Gemeinde liegen Gemeinderat und Öffentlichkeit nur eingeschränkt und verspätet vor. Die Zahlen zum abgerechneten Haushalt 2018 wurden erst im Oktober 2019 vorgestellt und sind nur für Eingeweihte auffindbar. Die Zahlen zum Jahr 2019 wurden erst gestern, im Juli vorgelegt. Und aktuelle Zahlen zu 2020 kennt der Gemeinderat nicht.

Was kann man aus dem abgerechneten Haushalt 2019 ersehen?

  • Es kam 2019 mit 5,6 Mio. Euro zu hohen Haushaltsrückständen, d.h. viele Aufgaben wurden von der Verwaltung nicht erledigt.

  • Die Rückstände aus weiteren Vorjahren belaufen sich auf zusätzliche 1,9 Mio. Euro. (Gemeinderat, Vorlage v. 17.3.2020)

  • Der verschobene Umbau der Stockdorfer Grundschule kommt mit 0,6 Mio. Euro noch hinzu.

  • Insgesamt besteht damit ein Arbeitsrückstand von 8,1 Mio. Euro, die 15 % des normalen Haushaltes ausmachen. Pläne sind immer ungenau, das stimmt. Aber diese Größenordnung verweist auf erhebliche Mängel in der Planung. Man hatte sich viel zu viel vorgenommen, die Rathausverwaltung war völlig überlastet.

  • Die Haushaltsrückstände werden in den nächsten Jahren von der Verwaltung nach und nach abgearbeitet. Die Verwaltung wird dann mitteilen, wie sie in Summe langsam zurückgehen, nur man kann davon ausgehen, dass dafür wieder neue hinzukommen werden.

Eine solch überzogene Planung hat Folgen:

1) Die jahrealten Rückstände verschwinden aus dem Blickfeld des Gemeinderates. Er kann nicht überlegen, ob diese Themen noch aktuell sind oder ob vielleicht die Zeit über sie hinweggegangen ist und sie sich von selbst erledigt haben. Es wird alles schematisch nach dem Grundsatz abgearbeitet: Wie einmal beschlossen, so irgendwann einmal erledigt. Eine Überprüfung, ist das überhaupt noch gewollt, findet nicht mehr statt.

2) Die Haushaltsgelder für die Rückstände bleiben reserviert. Dauern die Rückstände Jahre, so sind die Gelder ebenfalls auf Jahre hinaus blockiert und können nicht für andere dringendere Themen verwendet werden. Die Verwaltung klagt über Geldmangel, dabei liegen Millionen blockiert auf der Bank. Mit einem einfachen Beschluss des Gemeinderates könnten sie wieder freikommen.

3) Die Einplanung der nicht genutzten 8,1 Mio. Euro haben den Haushalt massiv belastet und damit einen massiven Druck auf die sozialen Leistungen der Gemeinde ausgeübt. Es kam zu erheblichen und für die Betroffenen zu empfindlichen Kürzungen und Streichungen sozialer Leistungen.

Die Schlagzeilen sind nicht vergessen: "Es ist ernst, aber nicht hoffnungslos", "Harter Sparkurs", "Gestrichen, gekürzt, geschoben", "Etwas Gebührenschraube und viel Rotstift", "Warum ein drastischer Sparkurs nötig ist", "Gauting zieht die Zügel an", "Auch bei den Kitas muss Gauting sparen", "20 % weniger für alle". In diesem Stil wurde Ende 2018 von der CSU-Bürgermeisterin und ihrer CSU/UBG-Mehrheit Gemeinderat und Öffentlichkeit eingestimmt.

  • Seit gestern wissen wir aber: Der Druck war unnötig, die Streichungen nicht nötig, denn man konnte das eingesparte Geld gar nicht ausgeben.

  • Der Haushalt 2020 umfasst 55,2 Mio. Euro. Hinzu kommt noch der Arbeitsrückstand von 8,1 Mio. Euro. Man kann davon ausgehen, dass die Verwaltung das wieder nicht schaffen wird und wieder viele Millionen ungenutzter Gelder diesmal in das Jahr 2021 geschoben werden.

Was ist zu tun:

1) Die Haushaltsplanung für 2021 muss realistischer ausfallen. Es ist nur das einzuplanen, was die Verwaltung auch abarbeiten kann.

2) Die hohen Rückstände schon im ersten Jahr des Doppelhaushaltes verdeutlichen, dass ein 2-Jahreshaushalt mit zu großen Ungenauigkeiten verbunden ist. Sie entwerten die Arbeit der Kämmerei. Es empfiehlt sich deswegen zur 1-jährigen Haushaltsplanung zurückzukehren.

3) Der Jahresabschluss ist im März vorzulegen, wie es in der freien Wirtschaft schon lange aus guten Gründen üblich ist. Nur dann kann man die Erfahrungen aus dem abgelaufenen Jahr noch für das neue Jahr nutzen.

4) Der Gemeinderat braucht unterjährig detailliertere Auswertungen, mit denen er frühzeitig erkennen kann, ob er seine Planung und damit die Arbeitsvorgabe für die Verwaltung anpassen sollte. Es ist nicht sinnvoll, hohe Haushaltsrückstände auflaufen zu lassen, da sie den Handlungsspielraum des Gemeinderates einschränken.

5) Wenn viele Jahre lang hintereinander jeweils hohe Millionenbeträge an Haushaltsrückständen übrigbleiben, dann heißt das, dass dauerhaft Millionen Euro dem Haushalt entzogen werden. Diese Millionen sind totes Geld und kommen nicht den Bürgern zugute.

6) Der jährliche Haushaltsplan ist der Arbeitsplan für die Verwaltung. Arbeitet sie im erheblichen Maße an Rückständen, dann wird es zunehmend undurchsichtig, womit sie sich beschäftigt. Die Aktualität der Aufgabenstellung geht verloren und eine Priorisierung der Arbeit wird zunehmend schwierig.

Die Ablehnung des SPD-Antrages zeigt, wie starr der Haushalt gehandhabt wird. Eine einfache zusätzliche Auswertung für eine bessere Orientierung wurde abgelehnt. Die Art und Weise, wie die Gemeinde in finanzieller Hinsicht ausgesteuert wird, entstammt längst vergangenen Zeiten. Ob dies auch in Corona-Zeiten durchgehalten werden kann, wird man sehen.

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