Frau Dr. Kössinger und das Bürgerbegehren gegen einen massiven, großstädtischen Neubau an der Bahnhofstraße und seine Auswirkung auf den Haushalt. Sie behauptet:
Gewinnt das Bürgerbegehren, dann müsse die Gemeinde 9,5 Mio. für Kauf und 1 Mio. EURO für Abriss und Planung sofort zurückbezahlen. Es drohe die finanzielle Handlungsunfähigkeit der Gemeinde. (Starnberger Merkur v. 29.3.2018) Tatsächlich: Die Firma Sontowski ist bis zum 31.12.2019 an den Kaufvertrag gebunden, könnte also erst danach die Rückzahlung fordern.
Die Behauptungen:
Frau Dr. Kössinger droht den Bürgerinnen und Bürger nun schon seit Monaten mit Kürzungen der freiwilligen Leistungen für Vereine und Kulturarbeit, sollte das Bürgerbegehren gewinnen. Am Donnerstag letzte Woche ging sie sogar soweit, dass bereits der Haushalt 2018 mit Zins und Tilgung für einen Zwischenkredit belastet werden würde, um die Firma Sontowski auszuzahlen. Die Gemeinde würde finanziell handlungsunfähig werden.
Die Tatsachen:
Sollte Sontowski zurücktreten, was er erst ab dem 1.1.2020 tun könnte, müsste auch erst ab dann die Gemeinde einen Zwischenkredit aufnehmen, um ihn auszuzahlen. Und erst ab dann müssten Zinsen bezahlen werden. Bei einem Kredit von 10 Mio. Euro wären es 150.000 Euro im Jahre 2020. Bei einem Haushalt von fast 60 Mio. Euro ist das verkraftbar. Die Buchführung der Gemeinde wird nach den Grundsätzen der Kameralistik geführt, d.h. es geht um Einnahmen und Ausgaben. Da diese Zinsen erst Ausgaben im Jahre 2020 wären, dürften sie auch erst im Jahre 2020 berücksichtigt werden und nicht schon 2018. Frau Dr. Kössinger hat eine Kämmerin, die sich auskennen müsste, und trotzdem verbreitet sie solche Geschichten.
Ein solcher Zwischenkredit wäre mit dem Grundstück (das im Wert weiter steigt) abgesichert und würde sofort wieder getilgt werden, wenn das Grundstück an den nächsten Investor verkauft wäre. Nachdem sich viele Investoren an dem letzten Wettbewerb beteiligt hatten, würden man auch ohne Schwierigkeiten einen anderen finden. Alles im Rahmen einer sehr überschaubaren Zeitspanne, unterstellt, Sontowski würde sich überhaupt zurückziehen wollen, was mehr als zweifelhaft ist, nachdem sein Kaufvertrag mit der Gemeinde Änderungen an seiner Bauplanung ausdrücklich zulässt. (Eine Verknüpfung von Verkauf und Baurecht im Kaufvertrag wäre auch rechtswidrig gewesen. Die Gemeinde ist deswegen immer noch frei in ihren Entscheidungen.)
Die sich anbahnende Finanzklemme der Gemeinde hat nichts mit dem Bürgerbegehren zu tun, sondern ist den vielen, millionenteuren Projekten geschuldet, die man gleichzeitig verwirklichen will und dabei die Finanzkraft der Gemeinde völlig überfordern. Es geht um den Umbau der Kreuzung am Kriegerdenkmal, Bau von Parkdecks auf dem S-Bahnfahrerparkplatz, Bau eines Busbahnhofes, Umbau Bahnhofplatz, Umbau Schwimmbad, neue Turnhalle, Ausbau Ammerseestraße, Erschließung von 79 Hektar neuer Gewerbegebiete. Aus unserem privaten Leben wissen wir alle, dass man nicht alles auf einmal machen kann. Manches geht eben nur nacheinander.
Gewinnt das Bürgerbegehren, dann darf die vorliegende Bauplanung von Sontowski zwar nicht weiterverfolgt, jedoch substanziell überarbeitet werden. Wenn Gemeinde und Sontowski auch die Kritiker einbeziehen, dann wäre bei gutem Willen aller eine Kompromisslösung möglich. Es geht dabei nicht nur um eine ortsverträgliche Gestaltung des Gebäudes, sondern auch um eine vernünftige Verkehrslösung am Kriegerdenkmal.
Vorgesehen ist eine Doppelkreuzung mit einer Zufahrtstraße direkt neben der Schule zu den Parkplätzen des Neubaues und des P+R-Platzes, auf der jeden Tag 2.000 Autos vorbeifahren werden. Die Grundschule wäre dabei von drei Parkplätzen, zwei davon stark frequentiert, umringt. Die Abgasbelastung für die kleinen Kinder kann man sich unschwer vorstellen. Aus medizinische Untersuchungen weiß man inzwischen, dass die Autoabgase einer der Hauptursache für die häufigen asthmatischen und allergischen Erkrankungen der Kinder ist. 10% aller Kinder sind mittlerweile schon betroffen.
Die dringend notwendige Überarbeitung der Planung kann sogleich nach dem 15. April beginnen und dürfte nach aller Erfahrung nur wenige Monate in Anspruch nehmen. Kein Investor lässt sich ein solches Filetgrundstück in einer so großen Gemeinde entgehen.
Frau Dr. Kössingers Behauptungen sind also falsch und die angeblich dadurch erzwungenen Kürzungen bei den Vereinen nur eine unangebrachte Drohung, um unbegründete Ängste auszulösen. Die sich zuspitzende Haushaltslage ab 2019 hat mit dem Bürgerbegehren NICHTS zu tun. Sie ist der Maßlosigkeit der vielen Großprojekte geschuldet. Es ist deswegen genügend Zeit, um die vorliegende großstädtische Planung an Gauting anzupassen und dabei eine vernünftige Verkehrslösung, die nicht zulasten der Kinder geht, zu integrieren.
Der Neubau wird 100 Jahre stehen. Die Bürgermeisterin hat die Arbeiten von GAUTING ENTFALTEN 2014 abgebrochen und wieder ganz von vorne angefangen. Hätte sie damals einfach am bevorzugten Entwurf, an dem viele Bürgerinnen und Bürger mitgearbeitet hatten, weitergemacht, könnten wir heute schon alle an der Bahnhofstraße einkaufen und zusätzliche Wohnungen gäbe es auch schon. Jetzt kommt es auf ein paar Monate auch nicht mehr darauf an. Es lohnt sich!
Eberhard Brucker