Wohnungsnot - Ursache und Lösung

04. April 2023

In den Ballungsgebieten fehlen Hunderttausende an Wohnungen. Der Mangel treibt die Grundstückspreise und die Mieten, für viele inzwischen unbezahlbar. Es soll mehr gebaut werden, auch in Gauting. Wird so das Problem dauerhaft gelöst?

  • Warum fehlen die Wohnungen? – Weil eine Massenabwanderung in die Ballungsgebiete im Gange ist.

  • Warum gibt es diese Abwanderung? – Weil in den Landkreisen Arbeitsplätze fehlen. Die Menschen wandern der Arbeit hinterher.

  • Ein Wohnungsbauprogramm, um die Not zu lindern, ist nötig. Aber gleichzeitig eine Regionalpolitik, um die Ursache in den Griff zu bekommen. Die Betriebsansiedlungen in den Landkreisen massiv fördern, um so die Abwanderung zu stoppen.

Den Menschen in ihrer Heimatregion wieder eine Zukunft geben. Gegen eine erzwungene Abwanderung in die Ballungsgebiete und die Verödung in den Landkreisen. Entlastung der Ballungsgebiete und Stärkung der Landkreise!

Das Stadt-Land-Gefälle nimmt auch in Bayern immer dramatischere Formen an. Die fehlenden Arbeitsplätze zwingen viele dazu ihre Heimatregion zu verlassen und in die Ballungsgebiete abzuwandern. Die Ballungsgebiete wuchern mit ihren zunehmend unlösbaren Miet-, Verkehrs- und Umweltproblemen immer weiter (München ist ein herausragendes Beispiel hierfür), während gleichzeitig die Landkreise zunehmend veröden. Die Stadt Hof z.B. hatte einmal 54.000 Bewohner, heute sind es noch 44.000. Es stehen nicht nur einigen Wohnungen leer, sondern ganze Straßenzüge. Geschäfte und öffentliche Einrichtungen werden geschlossen.

Verödung und Verfall breiten sich aus. Eine Massenabwanderung in die Ballungsgebiete ist im vollen Gange. Leerstand dort, Überlastung hier, ist das sinnvoll?

Es geht nicht darum, jemandem den Zuzug in die Ballungsgebiete zu verwehren. Es wird nur verdrängt, dass sehr viele Menschen nicht freiwillig dorthin ziehen. (Umfrage siehe unten) Viele kommen nur wegen der Arbeitsplätze. Die hohen Mieten und Preise zwingen viele sich im weiten Umland niederzulassen. Dabei nimmt das, was die Fernpendler auf sich nehmen, z.T. erschreckende Formen an. 50, 60 oder noch mehr km werden jeden Tag zweimal gefahren, regelmäßige Staus gehören dazu. Ein ungeheurer Verlust an Lebenszeit, den diese Menschen auf sich nehmen müssen, von den Kosten ganz zu schweigen. Ein Verlust, der ihr Leben und ihr Zusammenleben mit Familie und Freunden erheblich beeinträchtigt, von den ökologischen Folgeschäden ganz zu schweigen.

Gigantische Summen werden in die Verkehrsinfrastruktur der Ballungsgebiete investiert, ohne dass sie eine Lösung bringen. München ist auch hier mit den Milliarden, die in S- und U-Bahn und Tunnelbauten am Mittleren Ring investiert werden, ein schlagendes Beispiel. Die ständigen Staus haben sich deswegen aber doch nicht auflöst. Bei den Baukosten des zweiten S-Bahntunnels wird inzwischen von 14 Mrd. Euro gesprochen (SZ 29.3.2023), die U9 als Parallele zur U3 und U6 soll 4 Mrd. und die kurze Verlängerung der U5 nach Pasing 1 Mrd. € kosten. Aber auch diese Investitionen werden keine durchschlagende Besserung bringen. Bereits bevor der Bau der 2. Stammstrecke überhaupt richtig begonnen worden war, wurde schon nach weiteren Milliardenprojekten gerufen: eine Ringbahn um München ...

Es geht aber nicht nur um den Verkehr. Auch die Trinkwasserversorgung kommt zunehmend in Schwierigkeiten. Auch bei uns ist der Grundwasserspiegel nur noch sehr niedrig. Hier

Die Stadt München betreibt eine Politik ungebremster Gewerbeansiedlung, die diese Entwicklung noch weiter verstärkt. Allein in den fünf Jahren 2012-2017 wurden in München 141.000 Arbeitsplätze geschaffen. Da Menschen nicht vom Himmel fallen, kommen sie letztlich aus den Landkreisen. Diese Menschen brauchen ein Dach über dem Kopf, da aber viele von ihnen in München keine Wohnung finden, suchen sie sie zwangsläufig in den Randgemeinden. Während München die Gewerbesteuer bekommt, bleibt den Gemeinden nur der kleine Anteil an der Einkommensteuer. Er reicht aber nicht aus, um den Ausbau der Infrastruktur (Kinderbetreuung, Schulen, Straßen …) für die vielen Neubürger zu finanzieren. Wir erleben es in Gauting. Jedes 3.-4. Kind kann nicht in den Kindergärten untergebracht werden.

Die Folge:

Auch diese Gemeinden beginnen neue Gewerbegebiete einzurichten, die aber den weiteren Zuzug von Menschen in die Region auslösen. Es werden dabei sogar Landschafts- und Wasserschutzgebiete zugebaut und damit zerstört, aber die Infrastruktur passt dann wieder nicht mehr. – Es ist eine Spirale ohne Ende. Sie wird erst dann enden, wenn der Letzte in den Landkreisen das Licht aus- und die Türe hinter sich zugemacht hat und keiner mehr kommen kann.

Würde man die Kreisstädte fördern, dann könnten dort nicht ausgelastete Gewerbegebiete genutzt werden. Der Verkehr könnte mit ein paar zusätzlichen Buslinien geregelt werden, die nur einen Bruchteil der Summen kosten würden und die Menschen könnten in ihrer Region wohnen bleiben. All das, was diese völlig unkontrollierte Entwicklung der Besiedlung unseres Landes angeht und von dieser ausgelöst wird, muss von uns allen erst wieder erarbeitet werden. Während Wohnungen, Geschäfte und Infrastruktur in den kleinen Städten zunehmend leer stehen, werden sie mit Unsummen in den Ballungsgebieten wieder neu aufgebaut, das Ganze verbunden mit unlösbaren Verkehrs- und Umweltproblemen, trotz aller Ausgaben in Milliardenhöhe.

Wozu das alles?

Diese Unsummen für die Infrastrukturprojekte in den Ballungsgebieten fehlen den Landkreisen für ihre Entwicklung. In den Ballungsgebieten werden die Naherholungsgebiete zugebaut und die Umweltbelastung ist nicht mehr beherrschbar. Was in den kleinen Städten über Generationen hinweg mit hohem Aufwand geschaffen worden ist, wird nun dem Verfall preisgegeben, das kulturelle Erbe aus Jahrhunderten inklusive. Die Abwanderung beschleunigt sich weiter; München erwartet 300.000 zusätzliche Bewohner. Ostdeutschland hat mittlerweile 2 Millionen seiner Bewohner verloren. Aber auch in Bayern gibt es im Norden und Osten sterbende Regionen.

Vorhandenes zu vernichten, nur um es dann anderenorts wieder aufzubauen, ist volkswirtschaftlich gesehen pure Verschwendung.

Es geht darum, den Menschen in ihrer Heimatregion wieder eine Lebensperspektive zu eröffnen, indem die Politik die Rahmenbedingungen hierfür gestaltet! Die Abwandernden müssen ihre vertraute Umgebung, ihre Verwandten, Bekannten und Freunde zurücklassen und landen als Entwurzelte in den Ballungsgebieten, konfrontiert mit unlösbaren Miet- und Verkehrsproblemen. Und die Zurückgebliebenen müssen dem fortschreitenden Verfall und der Verödung ihrer heimatlichen Region zusehen. Über 2 Mio. Wohnungen stehen inzwischen in Deutschland leer. Die politische Orientierung geht verloren; der Nährboden für die AfD breitet sich gerade in den Abwanderungsgebieten aus. Deswegen ist das Gebot der Stunde die finanzielle Förderung von Betriebsansiedlungen samt steuerlicher Anreize für die Betriebe, sich z.B. in Hof, Cham und wie die kleinen Städte auch alle heißen mögen, anzusiedeln. Im Zeitalter des Internets kann vieles aus der Ferne erarbeitet werden.

Es muss eine Strukturpolitik eingefordert werden, die dieser ungeheuren Verschwendung an Zeit, Geld, Gesundheit und Natur endlich ein Ende setzt! Die Massenabwanderung in die Ballungsgebiete muss gestoppt werden. Der Trend muss umgedreht werden: Nicht die Menschen zu den Arbeitsplätzen, sondern die Arbeitsplätze zu den Menschen! Förderung der Umzüge in die Landkreise.

In der bayerischen Verfassung heißt es: „Der Staat fördert und sichert gleichwertige Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen in ganz Bayern, in Stadt und Land.“ und auch das Grundgesetz verlangt die „Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet“.

Was ist zu tun?

  • Keine Erweiterung oder gar Neubau von Gewerbegebieten in den Ballungsgebieten.
  • Neue Bebauung nur an vorhandene Bebauungen (Anbindegebot), keine in der freien Landschaft.
  • Verbindliche Raum- und Regionalplanung.
  • Erhebliche steuerliche Anreize für Firmen, sich in den Landkreisen niederzulassen.
  • Reduzierung der Abhängigkeit der Kommunen von der Gewerbesteuer. Deutliche Erhöhung ihres Anteils an der Einkommensteuer bei Reduzierung ihres Anteils an der Gewerbesteuer.
  • Erhöhung der Steuerzuweisungen an die ländlichen Kommunen.
  • Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs in den Landkreisen ohne Kostendeckung.
  • Keine Verlängerung der S- und U-Bahnlinien in die Regionen hinaus.
  • Jedem in den Städten und Dörfern seinen Breitbandkabelanschluss.
  • Wohnungsbauprogramme gegen die Wohnungsnot. Schwerpunkt ist auf die nachhaltige Förderung des staatlichen und genossenschaftlichen Wohnungsbaus zu legen statt Subventionen für die Besserverdienenden.

In Bayern will die CSU 10.000 Wohnungen bis 2025 bauen lassen. Ist das wirklich alles, was einem dazu einfallen sollte? Das Thema „Wohnen“ darf nicht auf das Bauen von Wohnungen reduziert werden. Das Thema „Wohnen“ muss in eine Regionalpolitik eingebettet werden, die eine ausgeglichenere Besiedlung unseres Landes anstrebt und damit die angesprochenen Probleme auflöst. Es ist damit ein zentrales Thema, denn was den einen die Last mit den Zuwanderern ist, ist den anderen die Last mit den leerstehenden Häusern, Geschäften und den geschlossenen öffentlichen Einrichtungen.

Die Menschen in den großen und den kleinen Städten, die allermeisten würden sich in einem Konzept zu einer sinnvollen Regionalplanung wiederfinden können. Die einen bräuchten nicht mehr z.B. nach München abwandern und sich mit extremen Mieten und großen Verkehrsproblemen herumschlagen und die anderen müssten nicht mehr zusehen, wie über bauliche Verdichtungsprogramme ihre Umgebung weiter belastet und z.T. auch zerstört wird. Die Verlierer dieser Entwicklung sind eindeutig in der Überzahl. Sie ist für Millionen Menschen mittlerweile zu einer schweren Belastung geworden. Sie brauchen dringend eine Lösung, die Entlastung im beschwerlichen Alltag bringt!

Es dürfte neben der Massenabwanderung mit all ihren Problemen kaum ein zweites Thema geben, das eine so große Breitenwirkung hat. Viele, die sich auf den Weg machen, kommen nicht freiwillig. Wer lässt schon ohne Not seine vertraute Umgebung, seine Verwandten, Freunde und Bekannten hinter sich? Wer nimmt es schon freiwillig auf sich, sich den unlösbaren Miet- und Verkehrsproblemen der Ballungsgebiete auszusetzen? Und wer von den Zurückbleibenden erfreut sich schon an den leerstehenden Wohnungen, den geschlossenen Geschäften und öffentlichen Einrichtungen?

Es geht um den Zusammenhang, um Ursache und Wirkung, um ein Lösungsangebot, das die Ursachen der Probleme anpackt und verstanden wird. Dabei geht es vor allem um das Lebensgefühl der Menschen. Sie müssen wieder das Gefühl bekommen, dass ihnen in ihrer regionalen Heimat wieder eine erträgliche und aussichtsreiche Zukunft verschafft wird. Unsere geschwächte Demokratie wird nur dann Erfolg haben, wenn es gelingt, wirksame Lösungen anzubieten, die nicht nur an den Symptomen herumkurieren, sondern tatsächlich den Alltag wieder politisch gestaltbar machen. Lösungen, die den Menschen wieder ein Stück Sicherheit verschaffen und sie so auf der Ebene ihrer Gefühle ansprechen, denn auf dieser Ebene finden die Widrigkeiten des Alltages ihren entscheidenden Niederschlag.

Es geht aber nicht nur darum, die Ursache der Wohnungsnot in den Griff zu bekommen, es geht auch um das Klima. Wenn in den Ballungsgebieten aufgrund der Abwanderung die zurückgelassene Infrastruktur umfangreich wieder aufgebaut wird, so ist zu bedenken:

  • Der Energieverbrauch und Schadstoffausstoß der Bauindustrie ist eine der wesentlichen Ursachen des Klimawandels. Das Bauwesen verursacht 40 % der deutschen CO2-Emissionen, 35 % des Energieverbrauchs und 60 % des Abfallaufkommens (Architects for future, SZ 22.4.2020).

Deshalb:

Entlastung der Ballungsgebiete und Stärkung der Landkreise im Rahmen einer Regionalplanung, die den Menschen in ihrer heimatlichen Region wieder eine sichere Zukunft bietet.

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Umfrage:

Bundesstiftung Baukultur 2016-17 Umfrage Wo will man leben b

Bundesstiftung Baukultur (Hrsg.): Baukulturbericht 2016/17, S. 37

Für Fragen, Hinweise und Meinungen Ihre E-Mail an: info@spd-gauting.de

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