Eberhard Brucker, Fraktionssprecher der SPD, legt aus persönlichen Gründen sein Gemeinderatsmandat zum 31. März nieder. Zum Abschluss sprach er gestern zum Gemeinderat:
Meine Damen und Herren,
nach 3 Jahren ist es heute meine letzte Sitzung. Vor 3 Jahren war es für mich das erste Mal, dass ich zu einem Gemeinderat kandidierte und auch prompt gewählt wurde.
Die große Politik kennt man ganz gut. Man bekommt sie über Presse, Funk und Fernsehen täglich mit. Aber die kommunale Politik hatte ich nur am Rande mitverfolgt.
Interessant und aufschlussreich war für mich, die Gemeindeverwaltung aus der Nähe kennenzulernen. Sehr beachtlich ist die Komplexität ihrer Aufgabenstellung, die dazuhin noch durch Gesetze und Verordnungen stark reglementiert ist. Deswegen tut man sich im Alltag mitunter auch etwas schwer.
Aufschlussreich war auch, dass es kaum möglich ist, strittige Themen wirklich auszudiskutieren. In den Sitzungen blieben bloße Behauptungen und vorgebrachte Tatsachen häufig unvermittelt nebeneinander im Raume stehen. Die Diskussion auf den Punkt zu bringen und so zumindest eine Klärung der Sachlage zu erreichen, war häufig nicht möglich. Allein der zeitliche Rahmen einer Sitzung ist schon begrenzt. Die Ungeduld kommt dann auch noch hinzu. Mit Hilfe der Geschäftsordnung wurde allzu oft eine Debatte vorzeitig beendet.
Diese 3 Jahre waren sehr streitige Jahre. Aber Martin Buber meinte einmal:
„Der Mensch wird erst am Du zum Ich.“
Und das kann ich bestätigen.
Die große Baulawine, die durch unsere Gegend rollt, verursacht viele Probleme, vom großen Mangel an Kindergärten und den überfüllten Schulen bis hin zu den verstopften Straßen, auch in Gauting. Das Warum hatte ich zu Anfang nicht ganz verstanden und habe mich deswegen ausgiebig damit beschäftigt.
Es waren die Auseinandersetzungen hier im Saal, die mich immer wieder dazu herausgefordert haben, mir selber Klarheit zu verschaffen. Und dabei wurde mir deutlich:
In den ländlichen Regionen gibt es zu wenige Arbeitsplätze. Die Menschen ziehen der Arbeit hinterher und das vor allem in die Ballungsgebiete. Sie hinterlassen leere Wohnungen, schließende Geschäfte und schließende öffentliche Einrichtungen. Und umgekehrt, in den Ballungsgebieten muss all das für sie erst wieder aufgebaut werden. Hochkomplexe und entsprechend anfällige und immens teure Verkehrssysteme gehören auch dazu.
Verödung und Verfall auf der einen Seite, Überlastung auf der anderen. Volkswirtschaftlich gesehen eine einzige Verschwendung, die von uns allen zu bezahlen ist. Und darüber hinaus eine unnötige Belastung von Klima und Natur. Eigentlich ein einfacher Zusammenhang, wenn man ihn denn verstanden hat.
Horst Seehofer hat das am Ende seiner politischen Laufbahn auch erkannt. Aber für ihn kam diese Einsicht zu spät, um noch etwas daran ändern zu können. (Hier)
Aus diesem Zusammenhang hat sich mein Verständnis von Politik ergeben. Mein Verständnis von dem, was in unseren Tagen gefordert ist. Nicht ein gut geöltes Rädchen einer Entwicklung abzugeben, die mit ihren Verdichtungen im Ort und Wucherungen am Ortsrand immer weiter geht und Gauting im Laufe der Zeit völlig verändern wird.
Bei den Entscheidungen, die hier gefällt wurden, habe ich mich immer gefragt: Was folgt daraus? Nicht nur das Unmittelbare hier und heute, sondern auch was sich daraus wohl in den nächsten 10 oder 20 Jahren entwickeln wird. Wie wird Gauting dann wohl aussehen?
Die Baulawine hat Gauting aus dem Gleichgewicht gebracht. Am deutlichsten ist es an den Kindergärten zu sehen. Jedes 3.-4. Kind kann nicht untergebracht werden - ganz fatal für die berufstätigen Eltern. Die Überbauung von 35.000 qm Gartenfläche wurde in nur 3 Jahren genehmigt. Dabei ist Gauting durch sein Grün im Ort und dem Grün seiner Umgebung geprägt. Das macht ein Gutteil seiner und damit unserer Lebensqualität aus.
Gauting wieder in ein Gleichgewicht zu führen und die Natur zu erhalten, auch des Klimas wegen, erscheint mir deswegen vorrangig. Und sollte das auch für Sie ein wichtiges Ziel sein, so verbleibt mir zum Abschluss nur, ihnen bei der Verfolgung dieses Zieles viel Erfolg zu wünschen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Eberhard Brucker
Für Fragen, Hinweise und Meinungen Ihre E-Mail an: info@spd-gauting.de