AOA - Der Zweck heiligt die Mittel. Eine (Ent-)Täuschung

29. Oktober 2021

535 Bewohner in 290 1- bis 4-Zimmer-Wohnungen sollen es werden, davon 190 vom Staat gefördert. Das teilten CSU-Bürgermeisterin Dr. Kössinger und der von ihr beauftragte Professor Hebensperger-Hüther den Bürgern beim Info-Markt im Rathaus am 20. Oktober mit.

  • Die SPD fragte, wie viele 1-, 2-, 3- und 4-Zimmer-Wohnungen jeweils geplant seien.

  • Dr. Kössinger: "Die Anfrage können wir leider nicht beantworten. Es gibt bisher keine konkrete Planung der Eigentümer. Auch Herr Professor Hebensperger-Hüther kann nur „ca.“- Angaben machen."

  • Erstaunlich, die Eigentümer haben nicht geplant, konnten nach 3,5 Jahren Beratung mit Verwaltung, Gemeinderat und Bürgern keine ersten Wohnungsgrundrisse zu den Häusern vorlegen. Sie konnten aber trotzdem mitteilen, dass sie nun gegenüber dem Stand im Mai 14 Wohnungen mehr bauen wollen. Wie macht man so etwas ohne Grundrisse?

  • Die 535 Bewohner entpuppen sich als Ergebnis einer zielgerichteten Berechnung, um eine möglichst niedrige Anzahl verkünden zu können.

Wie hat nun Professor Hebensperger-Hüther die 535 Bewohner in 290 Wohnungen nach seinen Angaben und seinen Worten "objektiv und richtig" berechnet?

  • Diehl, frei finanziert: 70 Wohnungen mit je 1 Bewohner = 70 Bewohner
  • Gemeinde, frei finanziert: 30 Häuser mit je 4 Bewohnern = 120 Bewohner
  • Diehl, Kath. Siedlungswerk und Verband Wohnen, gefördert: 190 Wohnungen mit 12.163 qm (hier) bei 35 qm/Bewohner = 348 Bewohner
  • Zusammen: 538 Bewohner

Er passte seine Zahl von 538 Bewohnern an die 535 von Obermeyer (11.5.2021) an.

Wie realistisch ist seine Rechnung?

  • Er unterstellt, dass Diehl frei finanziert 70 Zwei-Zimmer-Wohnungen baut und in ihnen nicht "meistens", sondern immer nur 1 Bewohner wohnt. Bei 4.629 qm Wohnfläche (hier) sind das 66 qm/Bewohner. Im Anbetracht der sehr hohen Mieten ist die Annahme von 2 Bewohnern in jeder 2. Wohnung sicher realistischer. D.h. es werden mindestens 35 Bewohner mehr.

  • Er unterstellt, dass in den geförderten Wohnungen die Kinder bereits ausgezogen sind, was aber erst in 10-20 Jahren der Fall sein wird.

  • Er ignoriert die Voraussetzungen für die staatliche Förderung, denn diese erfordert 50 Bewohner mehr. Dazu müssen rund 160 der 190 Wohnungen nur für 1- und 2-Personenhaushalte sein. Berechnung

  • Insgesamt sind 230 von 290 Wohnungen, d.h. 80 % nur für 1- und 2-Personenhaushalte. Die jungen Familien, für die man vor allem bauen will, kommen kaum zum Zug.

Mit den Wohnungsgrundrissen hätte er die Bewohnerzahl ziemlich genau berechnen können. Bauträger spielen üblicherweise mehrere Varianten zu den Wohnungsgrundrissen durch, um die Anzahl und Größe der Wohnungen je Geschoss abschätzen zu können. Davon hängen Investitionssumme und späterer Gewinn ab. Ohne solche Wirtschaftlichkeitsüberlegungen lässt sich kein vernünftiger Bauträger auf die Abstimmung zu einem Bebauungsplan ein, der extra nur für ihn erstellt wird. Aber in Gauting ist natürlich alles anders.

Die Gemeinde muss wissen, was heute auf sie im Hinblick auf den notwendigen Ausbau der Infrastruktur mit Hort, Schulen und Straßen zukommt. Allein mit den 2 Korrekturen werden aus den 535 schon 615 Bewohner. Die Schulzeit der Kinder einfach zu überspringen, verdeutlicht endgültig: Hebensperger-Hüthers Rechnung ist nur darauf ausgerichtet, eine möglichst niedrige Bewohnerzahl bekanntgeben zu können. Mit der Realität, die durch dieses Bauprojekt auf Gauting zukommt, hat sie nur bedingt etwas zu tun.

Verkehrsplaner Obermeyer nannte im Februar 2020 "700-750 Bewohner", die Bauträger im Mai 2021 "maximal 700". Diese Zahlen kommen der Realität schon näher.

Dass eine solche Rechnung der Öffentlichkeit vorgestellt wird, macht deutlich: Der Zweck heiligt die Mittel.

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Nach Auskunft von Professor Hebensperger-Hüther gegenüber CSU-Bürgermeisterin Dr. Kössinger ist er bei seiner Rechnung von folgenden Annahmen ausgegangen:

  • In Bayern habe jeder Einwohner mehr als 48 qm Wohnfläche. Dies könne man im frei finanzierten Wohnungsbau (Diehl) auch in Gauting so sehen. Dort werden relativ viele 2-Zimmerwohnungen (55-60 qm) gewünscht, die aber meist nur von 1 Person bewohnt seien.

  • Im geförderten Wohnungsbau gibt es Förderobergrenzen. 1 Person 45 qm, 2 Personen 60 qm, 3 Personen 75 qm usw. Hier hänge die Bewohnerzahl vom Wohnungsschlüssel der Bauherren ab. Bei einem üblichen Wohnungsschlüssel ergeben sich ca. 30-35 qm pro Bewohner.

  • Sollte die Gemeinde die angedachten Einfamilienhäuser (130 qm) für kleine Familien realisieren, ergäben sich ca. 32,5 qm bei 4 Bewohnern.

  • Nehme man frei finanzierten und geförderten Wohnungsbau zusammen und berücksichtige die Tatsache, dass nach einigen Jahren Kinder ausgezogen sein werden, seien die genannten 37 qm nicht zu niedrig angesetzt.

  • Wie dargestellt, beziehe sich die Berechnung der Wohnfläche immer auf die Geschossfläche x 0,75.

Für Fragen, Hinweise und Meinungen Ihre E-Mail an: info@spd-gauting.de

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