Die Geschäftsordnung des Gemeinderates soll geändert werden. CSU-Bürgermeisterin Dr. Kössinger will wichtige Rechte des Gemeinderates auf sich übertragen lassen, ohne es öffentlich anzusprechen, weder im Fraktionssprecherausschuss noch im Gemeinderat.
Am 5. Mai kündigte Dr. Kössinger in der Fraktionssprechersitzung überraschend eigene Änderungswünsche an der Geschäftsordnung des Gemeinderates (GeschO) an. Diese regelt die Zusammenarbeit von Bürgermeisterin und Gemeinderat. In ihr sind die Aufgaben von Bürgermeisterin und Gemeinderat festgelegt bzw. für was beide jeweils verantwortlich sind. Dr. Kössinger ließ dazu einen Entwurf zu einer neuen GeschO verteilen, in der Teile des Textes der bisher gültigen Geschäftsordnung ausgetauscht und durch rot markierte ersetzt waren.
Am 12. Mai wurde erstmals darüber beraten. Den Antrag der SPD, die Verabschiedung einer neuen GeschO etwas zurückzustellen, bis die vielen Neulingen im Gemeinderat sich einarbeiten konnten, lehnten CSU, UBG, FDP und MiFü ab. Siehe: Satzungsänderungen am 1. Tag des neuen Gemeinderats
Am 14. Mai sollte die neue GeschO endgültig verabschiedet werden. Aber Markus Deschler / FDP-Gemeinderat stellte den Antrag, eine Verabschiedung zurückzustellen, denn es seien ja doch viele neu im Gemeinderat, für die es schwierig sei.
Eberhard Brucker / SPD-Gemeinderat schloß sich dem an. Er verwies auch darauf, dass die heutige Beschlußvorlage zur neuen GeschO leider nur sehr schwierig zu verstehen sei, denn es sei nicht markiert, wo was an der alten geändert werden solle. Deswegen blieb der SPD-Fraktion nichts anderes übrig, als die alte und die vorgeschlagene neue GeschO nebeneinanderzulegen und Satz für Satz zu vergleichen. Bei 30 Seiten eine mühevolle und vor allem zeitraubende Arbeit. Eine Arbeit, die eigentlich alle 30 Gemeinderäte hätten machen müssen, aber aus Zeitmangel sicher nur die wenigsten machen konnten.
Nur 2 Beispiele:
1. Der Haupt- und Finanzausschuss kann bislang über außerplanmäßige Ausgaben im Einzelfall entscheiden:
bisher bis zu 50.000 Euro (GeschO v. 23.1.18, S. 12),
künftig bis zu 1.000.000 Euro (1 Mio.) (Vorlage v. 14.5.20, S. 9) nicht markiert.
2. Dieser Ausschuss soll nicht mehr zuständig zu allem sein, was mit Grundstücken zusammenhängt. Käufe, Verkäufe, Pacht- und Erbbaurechte soll künftig die Bürgermeisterin selbständig allein entscheiden können:
bisher (GeschO v. 23.1.18, S. 13, Punkte 1.5 bis 1.6.7),
künftig (Vorlage v. 5.5.20, gestrichen auf S. 11) nicht rot vermerkt,
künftig (Vorlage v. 14.5.20, gestrichen auf S. 10) nicht vermerkt.
Da diese Änderungswünsche der Bürgermeisterin neben vielen anderen nicht in der Vorlage für die Fraktionssprechersitzung rot markiert waren, fielen sie zunächst auch niemandem auf und konnten deswegen auch nicht ausreichend erörtert werden.
Dr. Kössinger ergriff sofort das Wort und meinte - ungeachtet der angeführten Tatsachen - dass alle Änderungen der Verwaltung rot markiert gewesen seien und er, Herr Brucker eine Woche Zeit gehabt habe, sich zu informieren.
Auch Stephanie Pahl / MiFü-Gemeinderätin wies darauf hin, dass ihre Fraktion stundenlang über dieser Vorlage gesessen sei, um die Änderungen herauszufinden. Und es seien deutlich mehr Änderungen gewesen, als in der Fraktionsprechersitzung angesprochen worden waren.
Eva-Maria Klinger / CSU-Gemeinderätin meinte angesichts dieser sich abzeichnenden Ablehnung einer schnellen Verabschiedung, dass die CSU kein Problem hätte, die Entscheidung zu vertagen.
Auf Vorschlag von Eberhard Brucker wurde dann beschlossen, die neue GeschO im Juli zu verabschieden.
Tobias MacFadden / MfG-Gemeinderat fragte nach, wann die neue Vorlage zur Verfügung gestellt werde. Er wolle sie nicht erst drei Tage vorher bekommen.
Die SPD-Fraktion stellte den Antrag, dass künftig bei allen Vorlagen, bei denen es um Änderungen an Satzungen und sonstigen Regelungen geht, immer eine Gegenüberstellung von altem Text zu neuem Text gezeigt werden müsse. Die Gemeinderäte könnten sich so viel Zeit sparen.
Dr. Kössinger lehnte dies ab. Das sei zu viel Arbeit für die Verwaltung. Man solle ihr vertrauen. In der nächsten Vorlage würden alle Änderungen markiert.
Michael Vilgertshofer / CSU-Gemeinderat schlug vor, das Programm "MS Word" zu verwenden. Mit der Einstellung "Änderungen nachverfolgen" könne man Änderungen sofort sichtbar machen.
Der Gemeinderat folgte diesen Vorschlägen nicht und vertraut weiter der Verwaltung, dass diese das nächste Mal die Unterlage frühzeitig vorlegen wird und in der alle Änderungen sichtbar markiert sein werden. Der Gemeinderat stimmte dem Vorschlag von Dr. Sklarek / MiFü-Gemeinderat zu, für die Beratung einen extra Sitzungstermin anzusetzen.
Die SPD machte den Vorschlag, erst in einem kleineren Ausschuss die neue Geschäftsordnung vorzuberaten, um neben rein textlichen Umstellungen die strittigen Punkte herauszuarbeiten. Anschließend könne dann über diese konzentriert im Gemeinderat mit seinen über 30 Personen beraten und beschlossen werden. Diese Arbeitsvereinfachung wurde von Dr. Kössinger sofort abgelehnt.
Die SPD-Fraktion traut sich zu, innerhalb von zwei Stunden eine Unterlage zur Verfügung zu stellen, in der alle Änderungen sichtbar neben dem alten Text eingesetzt sind, so dass diese sehr übersichtlich sofort erkennbar sind. So viel zu der Arbeitsbelastung, von der sich die Verwaltung überfordern fühlt.
Wer die Aussagen noch einmal anhand der Originale verfolgen möchte:
Die zur Zeit gültige Geschäftsordnung des Gemeinderates v. 23.1.2018